Quilt as you go - Tutorial


Schon lange versprochen, seit Jahren von mir als "die" Technik für besonders große Quilts propagiert und jetzt endlich am Blog -- das Tutorial zum Thema "Quilt as you go".

Besondere Vorreiterin, die "Lap Quilting" (Quilten am Schoß) populär gemacht hat, ist Georgia Bonesteel. In ihren zeitlosen Büchern erklärt sie auch wie man Quilts, die auf den ersten Blick nicht nur in geradlinige Portionen zerteilt werden können, trotzdem in handlichen Stücken ausarbeitet und erst nach dem Quilten zusammensetzt.

Und zwar ohne die Verwendung irgendwelcher Extrastreifen oder Bänder, die einen sofort erkennen lassen: ACHTUNG, hier wurde gestückelt! Das Kunststück ist, es ungestückelt aussehen zu lassen und mein persönliche Variante zeige ich euch im folgenden Tutorial.


Und jetzt geht´s auch schon los. Im Bild oben zu sehen in der vorderen Reihe die bereits fertige Reihe, im Bild dahiner die Einzelstücke. Ausgangsbasis für diesen Quilt waren zwei gepatchte Resteblöcke und zwei Blöcke mit Maschinentrapunto, alle vier in der gleichen Größe.
Jeder Block wird EINZELN auf Vlies und Rückseitenstoff gesandwicht und dann wird gequiltet. Rückseitenstoff und Vlies sind ein Stück größer als der Block, siehe Foto. Beim Vlies reicht rundherum 1 cm, beim Rückseitenstoff empfehle ich 3 cm, damit man mehr Bewegungsfreiraum hat (erklärt sich dann hinterher). Also mehr Rückseitenstoff ist kein Fehler, desto leichter kann man dann später die richtigen Wege auf der Rückseite finden.


Zwei Blöcke werden jetzt mit den rechten Seiten nach unten zeigend glatt auf eine Arbeitsfläche gelegt. Wichtig ab jetzt ist das Arbeiten auf einer geraden Fläche, sei es Schneidematte, Bügelbrett oder Arbeitstisch. Jede Welle rächt sich später, deswegen auf ein glattes Auflegen der Teile achten.
Wie im Bild ersichtlich wird an jedem der beiden Blöcke der Rückseitenstoff zur Seite umgeschlagen und festgesteckt. ACHTUNG: bei der Quilt-as-you-go Methode nie zu knapp zum Rand des Blocks quilten, empfehlenswert ist es mindestens 2 cm vor dem Seitenrand aufzuhören.

In der gleichen Art schlägt man jetzt auch das Vlies beiseite und steckt es ebenfalls mit Stecknadeln fest. Es empfiehlt sich, das wirklich in zwei getrennten Arbeitsschritten durchzuführen, die Teile werden dann in separaten Arbeitsschritten gelöst und man erspart sich später einige Handgriffe.

Wenn Vlies und Rückseitenstoff zur Seite umgeschlagen und festgesteckt sind behandelt man die Blöcke jetzt so, als ob der Rest gar nicht vorhanden wäre. Ein paar Stecknadeln mehr als man sonst verwenden würde sind ganz ratsam, die Blöcke zusammenstecken und dann ab damit unter die Nähmaschine. Und jetzt zeigt sich wie praktisch es ist ein wenig mehr Raum gelassen zu haben und die Quiltnähte nicht bis zum Nahtzugabenrand gesetzt zu haben, denn jetzt ist genug Platz zum Nähen.

Unter der Nähmaschine hervorgeholt sieht es so aus. Die Naht steht ungebügelt herum, Vlies und Rückseite befinden sich akkurat an ihrem Platz. Die Naht wird zuerst mittels Fingerpressing (mit dem Fingernagel fest ausstreifen) geglättet und dann mit einem Reisebügeleisen oder - wer eines hat - mit dem Clover-Minibügeleisen gebügelt. Unglaubliche Vorzüge hat das kleine Bügeleisen bei dieser Technik!

Nach dem Bügeln sieht es schon ganz manierlich aus, die beiden Blöcke sind zusammengenäht und wir beschäftigen uns als nächstes mit dem Vlies.

Stecknadeln vom  Vlies entfernen (der Rückseitenstoff hat seine eigenen Stecknadeln und liegt nach wie vor zur Seite geschlagen bereit) und das Vlies locker übereinandergleiten lassen. Man sieht ..... es ist zuviel, das war auch Absicht.


Mit einer Schere (ACHTUNG auf die darunterliegenden Stoffteile!) wird das Vlies jetzt bündig zugeschnitten. Auch hochbauschiges Vlies lässt sich so akkurat schneiden, nicht nur das hier verwendete Thermolan, das sich für das Tutorial aber besonders gut fotografieren ließ. Der Schnitt muß nicht in der Mitte der beiden Blöcke liegen, wo das Vlies sich trifft, ob weiter auf dem einen oder anderen Block,  ist absolut unerheblich.
FAUSTREGEL: kurze Strecken über 1-3 normalgroße Blöcke müssen nicht extra befestigt werden. Bei langen Strecken (z.B. über einen ganzen Quilt) kann man große Hexenstiche NUR DURCH DAS VLIES setzen. Oder aber man quiltet danach noch einige Stiche über die Ränder, kommt immer auf den Quilt an.


Die Stecknadeln der zurückgeschlagenen Rückseitenstoffe werden gelöst und die beiden Rückseitenstoffe glatt auf dem Hintergrund aufgelegt. Welcher Stoff hier oben oder unten liegt entscheidet entweder, welcher Stoff mehr Platz braucht (der untenliegende Stoff kann zurückgeschnitten werden, falls er sich mit der Quiltnaht des Nachbarblocks um den Platz streitet) oder wie man bei einem großen Mehrblockquilt die Lage der Nähte geplant hat. Das ist aber bei einem 4-Block-Tutorial jetzt nicht in Betracht zu ziehen.


Die Stecknadeln kommen erneut in Verwendung, als Grenzzaun. Um auf der Rückseite zu sehen wo die Grenzen der Blöcke auf der Vorderseite verlaufen werden in einigem Abstand Stecknadeln gesetzt. Entlang dieser Stecknadeln wird zuerst ein Strich gezogen mit  2 x Nahtzugabe Abstand (oder nach Belieben) und dann dort geschnitten.

Warum der Strich? Egal ob strichlierte Markierung oder komplette Linie --- die Stecknadeln werden jetzt gleich entfernt und dann würde der Anhaltspunkt fehlen.

Der Stoff wird bis zur Markierung einmal umgeschlagen, mit dem Fingernagel gefalzt damit der Rand schön scharf zur Geltung kommt und dann wird mit ein paar Stecknadeln alles gut befestigt.
Um für später das Quilten/Nähen zu erleichtern wird mit einigen Stichen geheftet, dafür empfiehlt sich jetzt folgender schneller Trick ----

Eine Stecknadel kerzengerade von der Oberseite nach unten gestochen .....

... zeigt auf der Unterseite ganz genau, wo die Blöcke ihren äußersten Punkt haben. Bis dorthin wird geheftet (bzw. ein Stück davor) und nicht weiter.

Jetzt haben wir also eine Reihe bereits fertig, die zweite Reihe nach genau dem gleichen Ablauf anfertigen. Nur Achtung jetzt auf die Rückseite! Am einfachsten ist es die Reihen ab diesem Stadium von der Rückseite her zu betrachten und aufzulegen, dann weiß man immer in welche Richtung man vorhin den Rückseitenstoff umgeschlagen hat.
(Wer jetzt nur liest und nicht mitnäht --- bitte ausprobieren, dann ist der Ablauf ganz logisch :) )

Die einzelnen Reihen werden jetzt so behandelt, als wären sie wieder einzelne Blöcke --- so wie ganz am Anfang. Wie lange diese Reihen sind, ob 2, 3, 4 oder 8 Blöcke enthalten sind ist völlig unerheblich. EINe Reihe ist wieder EIN Stück. Zuerst wird die Rückseite umgeschlagen und festgesteckt, dann wird das Vlies umgeschlagen und gesteckt, natürlich an beiden Reihen. Und jetzt werden die Stoffe des Tops (Oberseitenstoffe) mit Stecknadeln zusammengefügt so als ob Vlies und Rückseitenstoff gar nicht existieren würde. Wieder nähen, fingerpressen, bügeln.

Vlies zurückschneiden, Rückseitenstoff markieren und mit 2facher Nahtzugabe zuschneiden. Umschlagen, heften .... alles wie gehabt.

Auf diesem Bild sieht man die bereits zugeschnittene 2fache Nahtzugabe, einmal umgeschlagen und mit Stecknadeln befestigt. Das ist die "neue" Naht. Die "alte" Naht ist mit Heftgarn gesichert. Die Blöcke kreuzen sich schön in der Mitte, das war der Tipp vorhin die Reihen von der Rückseite her zu betrachten um zu sehen, wohin man die Nahtzugabe legen soll. Es ist aber kein Beinbruch, falls es in die andere Richtung schaut - nur die Stückelung der Rückseite erkennt man dann deutlicher.

Alle Teilnähte sind geheftet und jetzt kommt ein Teil, den ich persönlich immer sehr entspannend und erholsam finde. "Falsches Quilten" :)


Das ist Trick 17 ;)  Die Rückseite sieht nicht gestückelt aus (wenn man die Nahtzugaben alle in die gleiche Richtung legt) und wenn man einen Quiltstich benutzt, der nur durch den HINTERGRUNDSTOFF und das VLIES reicht. Es wird also nicht gekippelt, wie beim Handquilten üblich, sondern es ist ein kleiner Vorstich mit Handquiltgarn (besondere Reissfestigkeit!) der nicht die Vorderseite des Quilts erreichen darf. Eine wirklich sehr einfache und entspannende Nähart :)

Dieses Beispiel ist eigentlich zu klein für Quilt as you go und es wäre nicht notwendig gewesen bei diesem doch sehr handlichen Quilt die Methode zu wählen. Für die Fotos waren aber kleinere Blöcke notwendig um alle Details auf einem Bild einzufangen.

Lasst euch nicht abschrecken von den Teilschritten, es sind ein paar automatische Handbewegungen die zum Erfolg führen. Stecknadeln setzen, Vlies und Rückseite zurückschlagen, Nähen, ein wenig Markieren und Zuschneiden, wieder Stecknadeln... usw.
Dafür hat man vorher handliche Portionen und wie bei meinen beiden Maschinentrapuntoblöcken hätte ich den kompletten Quilt unter der Maschine befördern müssen. Ein einzelner Block ist da wesentlich einfacher zu handhaben und überlegt euch das bei einem kompletten, großen Quilt. Bei 12 Trapuntoblöcken wird das schon ein anderes Kaliber ;)

Ob ihr Reihen als Portionen nehmt, oder bereits 4 zusammengenähte Blöcke oder 9er-Block-Abschnitte, das bleibt jedem selbst überlassen. Je kleiner die Blöcke, desto mehrteiliger die Portionen! Die Methode soll auch für alle diejenigen eine Erleichterung sein, die keine großen Flächen zum Heften eines kompletten Quilts zur Verfügung haben oder Schulterprobleme beim Quilten bekommen ---- und auch uns allen, die gerne im Sommer von Hand quilten, aber nicht unter einer Doppelbettdecke bei 30 Grad im Schatten verschwinden möchten :)

Seit mehr als 10 Jahren zeige ich mit Freude diese Technik, mein persönlicher Feinschliff ist (statt einem Applikationsstich bzw. Saumstich) der "falsche Quiltstich" auf der Rückseite. Damit hat man optisch eine Quiltnaht gesetzt und wer den Rückseitenstoff klug wählt braucht schon aufmerksame Betrachter um dieTechnik überhaupt zu erkennen.

Viel Vergnügen beim Ausprobieren und Erweitern eures Quilthorizonts,
Eure Roswitha






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