Meine Freundin, die Nähmaschine ... oder doch nicht?

 
Heute war wieder so ein Tag im Quiltshop, wo man Überzeugungsarbeit leisten mußte. Nein, man muss keine neue Nähmaschine kaufen um mit uns nähen zu können. Und nein, man braucht keine computergesteuerte-1000-Zierstichmaschine um mit uns mithalten zu können.

Deswegen ein paar kleine Hinweise, worauf man achten sollte um zu einem zufriedenstellenden und vor allem befriedigenden Endergebnis zu kommen.

  • Das Alter! Das Alter der Quilterin ist genau so unerheblich wie das Alter der Nähmaschine. Vorausgesetzt beide sind funktionstüchtig ;)

  • Die Anzahl der Stickstiche! Völliger Quatsch, bei jedem Verkaufsgespräch mit dem Fachhandel hat auf kurz oder lang das Gespräch folgenden Verlauf genommen "und diese Maschine hat 3 Billionen Stickstiche mit einer Nähgeschwindigkeit von Mach 3", oder so ähnlich. Was mich immer leicht zur (gut versteckten) Weissglut bringt, denn ach du liebe Nähmaschinenfachverkäuferin .... weisst du eigentlich, was ich dir gerade vor 10 Minuten erklärt habe, was wir damit anstellen? Wir nähen nicht wie die Weltmeister 10 km gerade aus, wir sticken keine 3 Kilometer langen Bordüren, wir nähen Quilts!

  • Wobei wir schon bei der Geschwindigkeit wären. Rattern kann jeder, wir brauchen es langsam. Nämlich genau im Sekundentakt wenn man eine Maschine ausprobiert, wir tickern und tackern ganz langsam und sehen ob die Maschine das schafft. Denn, was die wenigsten wissen, es gibt nur relativ wenig Nähmaschinen die wirklich den totalen Kriechgang haben obwohl sie damit werben. Was manche unter Schnecke verstehen, das verstehen wir schon unter Turboschnellgang und wie man damit bei einer Maschinenapplikation um die kleine Hand einer Sunbonnet Sue kommen soll, die gerade mal 7,5 mm groß ist, das möchte ich mir dann gerne vorführen lassen :)

  • Wieviele Lagen schafft sie? Interessant ist, dass die älteren Modelle sich zäher durchbeissen als die Neuen (in der gleichen Preisklasse). Rechnen wir einmal die Lagen Stoff zusammen, die sich uns so bieten können am Beispiel eines simplen Kissens mit Hotelverschluss. Wir haben mindestens 3 Lagen auf der Vorderseite (Top, Vlies, Rückseite zum Quilten), meistens ist es auch noch gepatcht also legen wir wegen der Nahtzugaben noch 2 Lagen drauf. Macht 5 :) Und dann haben wir die Rückseite, doppelt eingeschlagener Saum beim Hotelverschluss, macht schon mal wieder 3 Lagen -- da sind wir bei 8. Und eine Lage noch für den zweiten Teil des Verschlusses, macht stellenweise 9 Lagen. Glaubt man gar nicht, so ein simples kleines Kissen und so viele Lagen Stoff und Vlies! Also wer sich zum Testen einer neuen Nähmaschine aufmacht, der sollte sich doch nicht nur ein normales Sandwich mitnehmen (kein Weissbrot mit Schinken ---- sondern Stoff, Vlies und Rückseite, das nennt man "Sandwich") sondern echtes Material aus der Praxis, keine Schonkost.

  • Man braucht sooo viele Spezialfüsse! Ammenmärchen. Es steht auch nicht geschrieben, dass man ein Füßchen mit einem speziellen Namen auch wirklich nur für diese eine spezielle Sache verwenden darf. Nehmt alles aus eurem Zauberkasten, probiert es aus, testet die Nahtzugaben, versucht sie beim Applizieren, sogar beim Quilten staunt man manchmal mit welchem Füßchen man besser zurande kommt. Wenn eure Nähmaschine nur ein einziges Füßchen hat, die Nadelposition nicht verstellbar ist und ihr also eine falsche Nahtzugabe hättet, dann behelft euch mit einem Wall aus Klebeband. Wo ein Wille, da ein Weg und eine gut funktionierende Maschine wird man nicht eintauschen, nur weil einem die Fantasie ausgeht wie man zur richtigen NZ kommt.

  • Gruseligster Satz: "Meine Maschine hat keinen Quiltstich". Ja was bin ich froh! Habt ihr diese Pseudo-Quiltstiche schon einmal gesehen, die Nachfolger der "Jeans-Steppstiche", die dann mit durchsichtigem Nähgarn dazu gebracht wurden auszusehen, als wäre jeder zweite Stich ein Leerstich? Besonders das durchsichtige Nähgarn bei Kuschelquilts ..... also ehrlich, ein wahres Wunder. Kein Kaffee der Welt, kein schreiender Säugling kann einen so wach halten wie ein Kuschelquilt mit diesem tollen Material. Es sticht nämlich, und zwar durch alle Lagen. Wie ein Kaktus, so gut kann man den Faden gar nicht im Vlies verbergeben beim Vernähen der Fäden und für jeden Quilt von dem ich schon gehört habe "so schön geworden, aber ich kann ihn nicht benutzen" 10 Euro und ich kann mir einen supertollen Urlaub von dem Erlös leisten. Also: Polyestergarn für die Wandquilts, Tischsets und für alles wo ihr mit euren zarten Körperteilen nicht in Berührung kommt. Ansonsten ist ein anständiger Geradstich noch immer zehnmal ehrlicher als jeder künstliche "Handquiltstich" mit der Maschine.

  • Wirklich wichtig, wenn man sich dann an die fortgeschritteneren Dinge wagt, ist den Untertransport zu versenken. Viele Maschinen, besonders die alten, haben eine Abdeckplatte. Bei einigen kann man händisch den Untertransport absenken, bei den neueren geht das auf Knopfdruck. Nicht raten würde ich es abzukleben, das fällt nicht unter Geistesblitz. Der Untertransport verklebt, verhakt sich, bleibt starr ---- also echt keine gute Idee. Und wenn es nicht geht, dann geht es eben nicht, Basta. Wir haben einen Maschinentrapuntokurs bei dem man nur mit einem ganz normalen Geradstich agiert, ohne den Untertransport zu versenken -- also wo ein Wille, da ein (Um)Weg.

    Und wenn jetzt doch einmal ein Neukauf zur Diskussion stehen sollte, was wäre vielleicht noch ganz praktisch oder zu bedenken?
  • leise soll sie sein. Wir Quilterinnen nähen gerne nachts, oder wenn Kinder und unsere Männer schlafen, oder auf der Terrasse und im Garten. Es ist also definitiv kein Nachteil wenn sich die Nähmaschine nicht anhört als würde man gerade den Asphalt aufstemmen. 
  • eine verstellbare Nadelposition ist heute kein Luxus mehr bei einer neuen Maschine. Es gibt ja nicht nur Zentimeter und Inch, es gibt (die Kleinblocknäher kennen das sehr gut), den "Hüpfer" zur Seite den man braucht um wirklich korrekte Maße zu erzielen. Da nützt das bunteste Füßchen nichts, der Scant (eben dieser Hüpfer) ist nicht möglich. Statt eben einer Quadrillion sündteurer Zusatzfüßchen darauf achten, dass die Nadelposition nach rechts und links in mehreren Stufen verstellt werden kann
  • versenkbarer Untertransport und eventuell (Achtung Luxus!) eine Ausrüstung für einen Obertransport. Ob integriert oder zusätzlich einsetzbar ist egal, erfüllt alles seinen Zweck.
  • verträglich soll sie sein, nämlich garnverträglich. Die Preisklasse ist dabei unerheblich, es gibt teure Maschinen die sich so an einigen Garnen (Seide, Rayon) verschlucken, dass sie zum Service müssen. Auch kein billiger Spaß.
  • Anschiebetisch - jetzt sind wir schon wieder bei einem kleinen Luxusteilchen, aber das lohnt sich auf jeden Fall. Ich würde keine neue Maschine kaufen, wenn dafür kein Quilttisch erhältlich wäre. Wir brauchen Auflagefläche, für unsere Teilchen, einen richtigen zusätzlichen Arbeitstisch und damit ist die kleine Auflageplatte einer normalen Maschine nicht ganz geeignet. Wie gesagt ein wenig Luxus, aber für mich unverzichtbar.
  • das Gewicht - darauf achten wir Frauen ja gerne, diesmal aber ausnahmsweise bei der Nähmaschine. Die Frage ist: transportieren wir sie? Nur innerhalb der Wohnung oder soll sie auch zu Kursen mitgenommen werden? Oder bleibt sie, abgesehen von einem Ausflug zum Service alle paar Jahre, am gleichen Fleck stehen? Kein unerhebliches Argument, ihr werdet sehen! Sogar der Ankauf einer Zweitmaschine (Leichtmodell) für Kurse oder Quilttreffen kann sich da lohnen, diese Maschine kann dann übrigens auch wieder in den Garten mitgenommen werden .... der Kreis schliesst sich ;)
Wer sich jetzt denkt, oh Gott .... mit mir nicht! Alles zu kompliziert!! Dem sei gesagt, es gibt auch noch eine Unzahl glücklicher Handnäher, die dann später den Weg zur Nähmaschine gefunden haben. Als Grundausrüstung sind nur ein wenig Papier, Nadel, Stoff und Faden notwendig. Dann weiß man ob man das richtige Hobby gefunden hat in kurzer Zeit und der Reaktivierung von Mutters Nähmaschine oder einer Neuanschaffung steht nichts mehr im Weg :)







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